Sonntag, 15. März 2015

Türkei, letzte Woche

Göreme präsentierte sich zum Abschied am Morgen erneut mit einer Sinfonie aus nunmehr siebzig Heißluftballons, die am Samstagmorgen der Stadt entstiegen. Gemeinsam mit den zwei englischen Weltenbummlern Emma und Andy, die ebenfalls auf dem Campingplatz weilten,  bestaunten wir dieses schöne Spektakel und tauschten uns nebenbei über Routen, Visa, Pläne und Träume aus. Hier kann man ihre verfolgen.

Morgens, 6.30 Uhr in Göreme.

Von Kappadokien aus machten wir uns umgehend auf die Fahrt ins 250 km nördlicher gelegene Boğazkale. Unterwegs kamen wir beim Fahren erneut mit der schier unfassbaren Größe und Weite Zentralanatoliens in Kontakt. Weite Ebenen, schnurgerade Straßen, entfernte, majestätisch und allein thronende Vulkangipfel. Der Halt zu einem Snack unterwegs in Kırşehir, hält mal wieder die Erkenntnis bereit, dass auch kleine, vom Baedecker nicht erwähnte Orte hübscher sein können, als die von Selbigem mit zwei Sternen abgesegnete. 

Marktplatz von Kırşehir

Dennoch halten wir uns nicht länger auf, sondern eilen weiter und weiter tiefer in die Berge, beobachten wie die Umgebung nicht mehr so steppig trocken sondern saftend grün erscheint.
Eingebettet in sanfte Hügel, reich an quellenden Wassern und außer uns praktisch touristenfrei erscheint uns das Dorf Boğazkale. Wir werden freundlichst begrüßt. Statt in dem saisonbedingt geschlossenen Campingplatz, stellen wir uns in das malerische Gärtchen eines zugehörigen Hotels und dürfen da des Nächstens friedlich schlummern.

Blick über Hattuša und Boğazkale

Was wir in dieser Idylle wollen? Natürlich alte Steine begutachten. Diesmal sind diese auch wirklich richtig alt. Hingebaut wurden sie von den Hethitern. Einem stolzen Volksstamm, der, bevor es die Griechen, wie wir sie aus den Geschichtsbüchern kennen, gab, praktisch die gesamte heutige Türkei plus Teile Syriens, des Libanons und Palästinas als ihr Großreich ansehen durften. Und die Hauptstadt dieses Reiches war Hattuša, das heute eine große Ausgrabungsstätte in eben jenem Boğazkale ist. Und mit großer Ausgrabungsstätte meinen wir auch genau das. Drei Stunden strammer Fußmarsch braucht es schon, um sich - wie wir - im Eilverfahren und kurz vor Ladenschluss mal eben die ganzen reichen Schätze der Bildenden Kunst aus der Zeit circa 3000-1500 vor Christus zu Gemüte zu führen. Hieroglyphen, Grundmauern von Palästen, prächtige Tore, ein mächtiger Wall von hundert Metern Dicke (inklusive komplett begehbarem Tunnel hindurch) und weitere Teile der Stadtmauer, die im Eingangsbereich für 60 Meter Länge rekonstruiert wurde. Das alles bei prallem Sonnenschein mit Blick auf die sanfte Umgebung und ungestört. So kann man Attraktionen noch viel mehr genießen.

Unterstadt und rekonstruierte Stadtmauer von Hattuša


Grundmauern des ehemaligen Palastgeländes

Das Löwentor in der alten Stadtmauer (teilweise rekonstruiert)

Hieroglyphen: an einer Wand, in einer Höhle

Schutzwall von außen am höchsten Punkt der Stadt

Treppe im Schutzwall

Sphinxtor (Nachbildung)

ehemaliges Palastgelände. Die Straße im Hintergrund gehört noch zum Ausgrabungsgelände (!)

Am darauf folgenden Tag wollten wir noch bis an das Schwarze Meer kommen. Nach dem Frühstück kamen wir aber noch unseren bildungsbürgerlichen Pflichten nach und statteten dem Yazılıkaya noch einen Besuch ab. Ein heiliger Schrein der Hethiter, wo noch einige staunenswerte Bildhauereien in den Fels geschlagen wurden.

Eine verzierte Wand im FelsheiligtumYazılıkaya

Danach ging es vom touristischen und reiserischen Standpunkt eher bergab. Die Strecke zum Schwarzen Meer schaffte es kaum unsere Blicke zu fesseln, der Mittags-Speise-Stopp im sonst nicht weiter bekannten Merzifon war auch nicht wirklich sympathisch wie zwei Tage zuvor in Kirsehir, sondern eher von Begafft-Werden geprägt, und das Schwarze Meer selber präsentierte sich als so langweilig graue Suppe, wie wir sie von Rumänien noch in schlechter Erinnerung hatten. Dazu kam anstrengender, lastkraftgewagter Straßenverkehr und graues, staubiges Wetter und mit Samsun als Ziel eine Stadt, die durch ihr absolut egales Äußeres nicht dazu einludt, es weiter zu erkunden. Der Zeltplatz befand sich direkt an der Ausfallstraße, umgeben von zehn schlecht, aber laut, singenden Muezzinen, und statt Blick aufs weite Meer gab es den Blick auf die Enge einer Wasserski-Anlage samt Kaimauer. Aber immerhin war er staatlich gefördert und hat uns umgerechnet nur etwa fünf Euro gekostet.

Samsun und das Meer

Samsun war aber sowieso nur als Zwischenstopp gedacht und so fuhren wir am kommenden Morgen schnell weiter nach Trabzon. Immer am Schwarzen Meer entlang. Teeplantagen oder halbverfallene Städte rechterhand, das Meer linkerhand. Klingt zwar auf dem Papier toll, war aber in Echt auch sehr unspannend.Wir mieteten uns bei Trabzon für zwei Tage auf einem etwas überteuerten Campingplatz ein, dessen Toiletten zwischen 22 und 9 Uhr leider geschlossen hatten und dessen WiFi-Internet mich an die seligen ISDN-Zeiten zurück denken ließ, als man sich zwischen Seitenaufruf und Seitenladen in Ruhe einen Kaffee kochen konnte. Bei diesem Campingplatz konnte man den Kaffee zusätzlich auch noch trinken und die Tassen auswaschen bis der Cyberspace einem zu Füßen lag.

Am nächsten Tag sind wir ausnahmsweise sehr zeitig den Betten entstanden, um pünktlich vor neun Uhr im 30 km entfernten Trabzon zu sein, um bei dem Iranischen Konsulat bezüglich eines Visums vorstellig zu werden. Wir klingelten als erste des Tages an der Tür des Konsulats, durften aber selbiges postwendend wieder verlassen, da wir keine 'Reference Number' des Iranischen Auswärtigen Amtes vorweisen konnten, welches man mittels spezieller Reiseagenturen beziehen kann. Bis zu diesem Moment waren wir noch auf dem veralteten Wissensstand waren, dass in der Trabzon'schen Botschaft eine solche Nummer nicht vonnöten sei. Aber offensichtlich haben sich die Regularien innerhalb der letzten Wochen verschärft, so dass wir nun mit leeren Händen da standen und schwer enttäuscht wieder gehen mussten.
Also dachten wir, zurück zum Campingplatz! Einen Platz an der WiFi-Sonne besetzt und dann das Internet glühen lassen, um rauszufinden, wie das denn nun mit den Referenznummern genau läuft und wo und wie wir einen weiteren Botschaftsgang wagen können ... Durch oben beschriebene technische Hindernisse geriet auch das zum nervenaufreibenden Ärgernis. Am Ende unserer Nerven und mit der zäh gewonnenen Erkenntnis, die Nummer für die Botschaft über diese oder jene Reiseagentur zu beantragen und in Yerevan, Armenien abzuholen, wollten wir dann doch noch kurz den Kopf frei bekommen und machten uns zum nahe gelegenen Sümela-Kloster auf.

Trabzon. Spielplatz. Iranisches Konsulat im Hintergrund

Zwei Eremiten aus Athen dachten sich circa im Jahre 350 n.Chr., dass es doch eine feine Idee sei, in eine Höhle, an einer fast senkrechten Steilwand einer tiefen Schlucht, in knapp 300 m Höhe eine kleine Kapelle zu bauen, um eine Ikone zu verstecken und schützen. Aus unerfindlichen Gründen fand die Idee im Nachfolgenden auch weiter Bestätigung so dass nun ein ausgewachsenes Kloster in völlig unmöglich zu erreichender Lage am Felsen hängt. Also ächzte sich erst unser Bus eine halbe Stunde und dann noch einmal wir zu Fuß eine halbe Stunde die Schlucht hinauf, um wenigstens mal einen Blick von außen drauf zu werfen. Um das Kloster selbst zu besichtigen, waren wir naturgemäß zu spät, da die Öffnungszeit praktisch beendet war. Dennoch ein beeindruckender Anblick und ein schöner Spaziergang.

Sümela-Kloster, in bester Hanglage

Am folgenden Freitag dem 13. wollten wir uns weiter der georgischen Grenze nähern und vielleicht auch noch mal zwei Tage entspannen, Bus und Seele pflegen. Der Plan wurde durch eine Vielzahl an logistischen Problemen vereitelt, der sich eigentlich damit zusammen fassen lässt, dass außerhalb der Saison Campingplätze für gewöhnlich nicht geöffnet haben. Letztendlich sind wir dann wieder weg vom Schwarzen Meer ein paar Kilometer ins Landesinnere gefahren, wieder durch eine tiefe Schlucht hinauf in die Berge, um dann mit der Dämmerung in Ayder zu landen. Einem hübschen Lufterholungsort mit süßen Holzhäusern und holprigen Straßen. Und theoretisch auch einem Campingplatz. Da dieser aber auch geschlossen und uns das Wildcampen im Nationalparkbereich nicht ganz geheuer war, landeten wir auf dem Parkplatz eines kleinen Hotels, wo uns sehr freundlich geholfen wurde und uns somit doch noch ein guter letzer Abend in der Türkei beschieden war.

Ayder

Teeplantagen